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ARBEITSRecht: Die wichtigsten Regelungen für eine reibungslose Beantragung von Kurzarbeitergeld (KuG)

Martin J. Warm • Apr. 28, 2020

Aufgrund der aktuellen Corona Pandemie und die damit einhergehenden wirt-schaftlichen Einschränkungen in Form von Arbeitsausfällen innerhalb von Unternehmen, ist für viele Arbeitgeber die Beantragung von Kurzarbeitergeld unausweichlich. Um einen schnellstmöglichen, reibungslosen Ablauf bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld sicherzustellen, sollten einige Regelungen beachtet werden, die sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer von großer Bedeutung sind.

Die gesetzliche Grundlage für die Gewährung von Kurzarbeitergeld bildet der § 95 SGB III. Demnach müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, um Kurzarbeitergeld zu erhalten:

• Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall

• Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen

• Erfüllung der betrieblichen Voraussetzungen

• Anzeige des Arbeitsausfalles bei der Arbeitsagentur am Betriebssitz.

Als Mindesterfordernis für einen erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall gilt – befristet bis Ende 2020- dass mindestens 10 % der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Entgeltausfall von mehr als 10% haben. 
Als persönliche Voraussetzung muss die Fortsetzung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vorliegen oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung aus zwingenden Gründen oder im Anschluss an eine Ausbildung, vgl. § 98 SGB III.
Nach § 97 SGB III ist erforderlich, dass im Betrieb oder der Betriebsabteilung mindestens eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer beschäftigt sein muss.

To Do´s bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld
Die Anzeige des Arbeitsausfalls sollte von vornherein richtig durch den Arbeitgeber erfolgen. Als gesetzliche Grundlage ist § 99 SGB III zu beachten. Die Anzeige des Arbeitsausfalls muss schriftlich bei der Agentur für Arbeit am Betriebssitz in dem Monat eingehen, in dem die Kurzarbeit beginnt.
Eine Begründung des erheblichen Arbeitsausfalls ist erforderlich. Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, er vorübergehend ist, er nicht vermeidbar ist und im jeweiligen Kalendermonat mindestens 10 % der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer/-innen von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent des monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist.

Zu beachten sind folgende betriebsinterne Regelungen (falls vorhanden) und Fristen:
• Vereinbarungen mit dem Betriebsrat und gegebenenfalls Ankündigungsfristen
• Kurzarbeiterklauseln in Arbeitsverträgen
• tarifliche Regelungen bei der Einführung von Kurzarbeitergeld
• Abrechnungen für den jeweiligen Kalendermonat müssen innerhalb von 3 Monaten eingereicht werden bei der zuständigen Agentur  für Arbeit.

Sozialversicherungsbeiträge
Als Arbeitgeber besteht weiterhin die Verpflichtung, die Sozialversicherungsbeiträge mit dem Lohn der Arbeitnehmer abzuführen. Der Arbeitgeber erhält die volle Erstattung der gezahlten Beiträge befristet bis Ende 2020.

Nachweise der Arbeitszeit
Während der Kurzarbeit sind weiterhin Arbeitszeitnachweise der betroffenen Arbeitnehmer/-innen zu führen. Es sind diejenigen Stunden zu erfassen, die tatsächlich von den Arbeitnehmer/-innen geleistet wurden, wann Urlaub genommen wurde, wann Überstunden genommen wurden, wann Fehlzeiten vorlagen und wann Kurzarbeit war.

Dauer der Beziehung von Kurzarbeitergeld
Grundsätzlich kann Kurzarbeitergeld für 12 Monate bezogen werden, § 104 SGB III.
Falls das Unternehmen bereits bis zum 31.12.2019 Kurzarbeit eingeführt hat und dies bei der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt hat, kann Kurzarbeitergeld bis zu 21 Monate – längstens bis zum 31.12.2020- bezogen werden. Als Grundlage hierfür dient die Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld.

Vorleistung der Auszahlung der Arbeitslöhne
Da das Kurzarbeitergeld eine Erstattungsleistung ist und rückwirkend an den Arbeitgeber gezahlt wird, hat der Arbeitgeber eine Vorleistungspflicht bezüglich der Auszahlung der Arbeitslöhne seiner Arbeitnehmer.

Was gilt als Arbeitnehmer zu beachten?
Arbeitnehmer müssen kein Kurzarbeitergeld beantragen.
Nach § 105 SGB III erhalten Arbeitnehmer/-innen 60 % des ausgefallenen Nettolohns während der Kurzarbeit. Ein Anspruch auf Erhalt von 67% des ausgefallenen Nettolohns besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz.
Eine Nebentätigkeit des Arbeitnehmers wirkt sich auf die Anrechnung des Kurzarbeitergeldes nur dann aus, wenn die Nebentätigkeit während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommen wurde.
Es gilt die Neuregelung zu beachten: Bei Aufnahme einer Nebentätigkeit in systemrelevanten Bereichen, bleibt das Nebeneinkommen von April bis Oktober 2020 anrechnungsfrei, wenn die Summe aus dem Nebeneinkommen plus einem verliebenden Ist-Entgelt, einem Aufstockungsbetrag und dem Kurzarbeitergeld das Soll-Entgelt nicht übersteigt.

Systemrelevante Berufe sind z.B:
• Medizinische Versorgung, ambulant und stationär, auch Krankentransporte
• Versorgung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen mit Lebensmitteln, Verbrauchsmaterialen
• Versorgung mit unmittelbar lebenserhaltenden Medizinprodukten und Geräten
• Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
• Lebensmittelhandel und Lebensmittelherstellung
• Lieferdienste zur Verteilung von Lebensmitteln

Dont´s bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld
Geringfügig Beschäftige haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da diese nicht versicherungspflichtig beschäftigt werden.
Studierende, die an einer Hochschule als Haupthörer immatrikuliert sind, haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da diese zum versicherungsfreien Personenkreis in der Arbeitslosenversicherung gehören. Die Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung neben dem Studium ist unerheblich.
Selbstständige haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da diese nicht versicherungspflichtig beschäftigt sind. Eine Absicherung von Selbstständigen ist unter den Voraussetzungen nach § 28a SGB III möglich. Danach kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen. Selbstständige, die geringe oder keine Einnahmen erzielen, können Leistungen der Grundsicherung beim zuständigen Jobcenter beantragen.
Wird die Kurzarbeit für einen Zeitraum von 3 Monaten und länger unterbrochen, muss eine erneute Anzeige an die Agentur für Arbeit erfolgen. Eine Pflicht zur erneuten Anzeige besteht auch bei Ablauf der 12-monatigen Bezugsdauer in der Zeit von Januar bis März 2020 und einer Fortsetzung der Kurzarbeit nach dem Zeitraum und bei einer Verlängerung des bewilligten Bezugszeitraums.

Mein Tipp:
Vereinbaren Sie betriebsinterne Regelungen, die die Einführung von Kurzarbeitergeld vereinfachen und schaffen Sie klare Strukturen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch Kurzarbeiterklauseln in Arbeitsverträgen. Unter Umständen sind Einzelvereinbarungen mit Arbeitnehmer/-innen erforderlich, um noch bestehende Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag – wie die Einbringung von noch vorhandenem Urlaub aus dem vergangenen Urlaubsjahr- zu regeln.

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