Werden Veranstaltungen und Reisen wegen des Kontaktverbots und Einreiseverboten abgesagt, erbringt der Veranstalter nicht die vertraglich vereinbarte Leistung und kann daher auch keine Zahlung vom Verbraucher verlangen, §§ 275, 326 I BGB. Hat der Verbraucher bereits bezahlt, kann er grundsätzlich eine Rückzahlung vom Veranstalter verlangen. Bei ausbleibenden Neubuchungen und unzähligen Rückzahlungsforderungen drohen viele Veranstalter in die Insolvenz zu rutschen. Der Vorschlag der Bundesregierung in Form einer Gutscheinlösung soll das verhindern und gleichzeitig Rücksicht auf die Interessen der Verbraucher nehmen, die im Falle einer Insolvenz mit einem Anspruch gegen die Insolvenzmasse schlecht dastehen.
Für Veranstaltungen bedeutet das, dass der Veranstalter
bei einer coronabedingten Absage seiner Veranstaltung
berechtigt sein soll, dem Inhaber der Eintrittskarte einen Gutschein auszustellen
anstelle eine Erstattung vorzunehmen. Der Gutschein muss dabei den gleichen Wert wie die Erstattung haben und die Eintrittskarte muss vor dem 08.03.2020 erworben worden sein.
Bei Dauereintrittskarten erhält der Verbraucher einen Gutschein in Höhe des Wertes des nicht genutzten Teils.
Auf Ticketversicherungen können sich die Verbraucher zu Corona-Zeiten eher weniger verlassen: Diese greifen oft nur ein, wenn der Verbraucher wegen Krankheit nicht an der Veranstaltung teilnehmen kann.
Wird der Ticketpreis im Wege des Lastschriftverfahrens abgebucht, kann der Verbraucher generell innerhalb von 8 Wochen eine Rückbuchung bei seiner Bank veranlassen.
Gut zu wissen ist ebenfalls, dass eine AGB-Klausel
eines Veranstalters, die ihn bei höherer Gewalt von der Leistungs- und Rückzahlungspflicht freispricht, laut EuGH unwirksam
ist.
Für finanzschwache Verbraucher soll die Änderung des Veranstaltungsvertragsrecht eine Härteklausel enthalten, die es ihm ermöglicht die Auszahlung des Gutscheins zu verlangen, wenn ein Gutschein für ihn unzumutbar ist aufgrund seiner Lebensumstände. Jeder Verbraucher kann zudem die Auszahlung des Gutscheins in Geld verlangen, wenn der Gutschein bis zum 31.12.2021 nicht eingelöst
wird.
Auch im Reiserecht könnte eine Gutscheinlösung die Insolvenz vieler Reiseveranstalter verhindern. Geplant sind Gutscheine für Buchungen vor dem 08.03.2020, die bis zum 31.12.2021 gültig sind und sogar gegen eine Insolvenz des Reiseveranstalters versichert werden sollen. Auch die oben genannte Härteklausel soll enthalten sein. Spezielle Vorschriften im BGB und im europäischen Recht erschweren hier aber die Umsetzung der Gutscheinlösung.
Deswegen drängt die Bundesregierung die EU-Kommission zu einer Lockerung der aktuellen Regeln und der Fluggastrechteverordnung EU 261/2004.
Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält in §§ 651a ff. BGB spezielle Regelungen für das deutsche Reiserecht, das für jeden gilt, der über ein deutsches Reiseportal gebucht hat. Tritt ein Reisender bei einer Pauschalreise vor Reisebeginn vom Vertrag zurück, kann der Reiseveranstalter eine Stornogebühr von ihm verlangen, § 651 h I S.3 BGB. Eine solche Entschädigung steht ihm aber nicht zu, wenn unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände wie etwa eine Pandemie am Reiseort vorliegen. Ein Indiz dafür ist eine Reisewarnung der WHO, des Auswärtigen Amtes oder des Robert Koch Instituts. Aktuell liegt sogar eine weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes
vor, weswegen kostenfreie Stornierungen
möglich sind. Vor ein paar Wochen musste ein Verbraucher noch einen Großteil des Reisepreises bezahlen, wenn er aus Angst vor einer Ansteckung seine Reise stornierte.
Die Europäische Pauschalreiserichtlinie EU 2015/2302 geht in die gleiche Richtung: Der Urlauber kann bei Absage seiner Reise innerhalb von 14 Tagen eine Rückerstattung des gezahlten Reisepreises verlangen.
Wer wegen einer Quarantäne-Anordnung gezwungen wird, länger
als vorgesehen am Urlaubsort zu bleiben, muss nicht alle Kosten dieses Aufenthaltes selber tragen. In den meisten europäischen Ländern
muss der jeweilige Staat die Mehrkosten tragen
und zudem hat der Reiseveranstalter nach § 651q BGB
eine Beistandspflicht, das heißt er muss sich um spätere Flüge kümmern. Die Kosten für diese außerplanmäßigen Flüge muss der Reisende dann aber selbst tragen.
Für Urlauber, die keine Pauschal-, sondern eine Individualreise
gebucht haben, gestaltet sich die Lage schwieriger. Nach deutschem Recht müssen auch hier keine Hotelkosten gezahlt werden, werden eine Anreise zum Hotel wegen Verboten nicht möglich ist. Problematisch ist, dass es im Ausland, auch innerhalb der EU, unterschiedliche Regelungen
dazu gibt.
Werden Flüge wegen der Corona-Pandemie annulliert, müssen die Fluggesellschaften den Ticketpreis innerhalb von 7 Tagen zurückzahlen.
Viele Reiseveranstalter und Fluggesellschaften bieten bei Verzicht auf eine sofortige Erstattung und bei Entgegennahme eines Gutscheins inzwischen schon Bonuszahlungen an und die Deutsche Bahn hat für einen gewissen Zeitraum die Zugbindung für Fahrkarten aufgehoben.
Auf Seiten der Veranstalter wird die Gutscheinlösung demzufolge sehr begrüßt- aber sie stößt anderswo auch auf einige Kritik. Bemängelt wird von Verbraucherschützern, dass mit den Gutscheinen eine Art Zwangskredit zugunsten von Veranstaltern entsteht. Sie fordern eine stärkere Absicherung der Verbraucher gegen Insolvenzen der Veranstalter. Zudem ist es unwürdig für Verbraucher, zunächst ihre finanzielle Lage offenlegen zu müssen, bevor sie ihre Zahlung aufgrund der Härteklausel zurückverlangen können.
Unsicherheiten ergeben sich auch bei der Frage, wie weit im Voraus Reisen kostenlos storniert werden können. Zurzeit gilt, dass Reisen im Sommer grundsätzlich noch nicht kostenlos storniert werden können.